Ansgar Dälken - Akustische Nylonsaiten-Gitarre (Solo ohne Overdubs)


Aufgenommen, gemischt und gemastert 2010 von
Jörg Surrey (surrealis sounds) im Teldex Studio Berlin


Produziert von Ansgar Dälken


20 Kompositionen eines der bedeutendsten (Jazz-)Komponisten des 20. Jahrhunderts, arrangiert für Sologitarre.


All Ways Know wurde vom amerikanischen "Acoustic Guitar" Magazin unter die besten Akustikalben 2010 gewählt.




Thelonios Monks Nebenleute rätselten oft, welchen Ton sie denn nun spielen sollten, so komplex und verwirrend wirkten manche seiner Akkorde. Wenn andere Pianisten seine Stücke nachspielten, meinte Monk oft nur trocken: "Sie haben es falsch gemacht." Aber nun: Monk auf der akustischen Gitarre: Kann das überhaupt funktionieren?

Thelonious Monk war ein ziemlich eigenwilliger Kerl - als Mensch, als Pianist, als Komponist. Der Zwei-Meter-Mann konnte stundenlang herumrennen und Selbstgespräche führen, ging manchmal tagelang nicht zu Bett und schlief dann 48 Stunden durch. Er konnte sich weder Schnürsenkel noch Krawatte binden , besaß hundert seltsame Kofpbedeckungen und brauchte für die Auswahl seiner Garderobe oft eine Stunde. Dann wieder saß er stundenlang stumm da und brütete, besonders bei Interviews. Auch die Produzenten hatte oft Mühe, die Namen der Stücke aus ihm herauzukitzeln, die er für sie aufnahm. Er brummte häufig nur vor sich hin. Auf der Bühne benahm er sich erst recht merkwürdig, untersuchte zuweilen, während er spielte, Instrument und Hocker oder tanzte zu den Soli seiner Nebenleute herum wie ein betrunkener Grizzly. Am Klavier hielt er seine Finger flach und steif, schlug tolpatschige Dissonanzen, arbeitete mit den Ellbogen und kannte keine Feindynamik. Als Komponist pflegte er die bizarre Manie, aus ein, zwei Kernfiguren ein komplettes Thema zu entwickeln - mit seltsamer Logik und eigenwilliger Ökonomie. Und wenn er improvisierte, führte er diese Logik einfach weiter. "Er nimmt eine kleine Melodie und dreht sie herum, nacht sie rund, macht sie eckig, macht sie schraubenförmig, mit Gewindegang …" - so beschrieb es sein Sohn, der Schlagzeuger. Mit dieser Bastelarbeit hörte Monk auch dann nicht auf, wenn andere ihr Solo spielten, weshalb Miles Davis einmal klagte: "Ich kann ihn in einer Rhythmusgruppe nicht ertragen!"

Monks bohrend-konsequente Kompositionen sind Ohrwürmer einer besonderen Qualität. "Man kann sie immer und immer wieder hören", sagt Ansgar Dälken, "ohne auch nur eine Ahnung von Überdruss zu verspüren." Als Kind hat Dälken gerne auf dem Klavier frei fantasiert - spielerisch, ohne Vorwissen, staunend die Welt der Klänge entdeckend. Diees Glücksgefühl hat er später in der Musik Thelonious Monks wiedergefunden - und so entstand der Wunsch, Monks Musik einmal auf dem eigenen Instrument zu hören, der akustischen Gitarre. Dälken hat sämtliche Monk-Stücke für Gitarre bearbeitet, auf seiner CD spielt er etwa ein Drittel davon. Das Wunder ist, dass es funktioniert, ganz ohne Overdubs. Wir hören hier nicht Gitarrenmusik über Monk-Stücke, wir hören Monk pur, seine Tempi, seine Voicings, seine schrägen Quarten, seine schrillen Dissonanzen - und, wenn man genau hinhört, wohl auch seine seltsamen Hüte und eckigen Tänze.

Wir hören Monk, den Eigenwilligen, restlos übersetzt in die Techniken eines ideologisch freien Fingerpickings, in die Klangwelt der akusitschen Gitarre (Stimmung: DADGAD). Und es offenbart sich eine unvermutete Nähe zum Sound des Folk-Blues, eine fast mystische Transformation. Dabei stellt Dälken oft nur das Thema hin, er improvisiert wenig, und wenn, dann respektvoll im Spirit des Stücks, mit walkendem Bass und angelehnt an Monk-Phrasen. Das ist mehr Recital als Jazz, aber erschöpft sich kein bisschen. Man kann diese Stücke eben immer und immer wieder hören.

Hans-Jürgen Schaal


Auf der Rückseite steht "Acoustic Nylon String Guitar (solo without overdubs)", und das hätte getrost auch vorne stehen können: Musik ohne doppelten Boden und von einem Gitarristen, der sich rarmacht in der Szene und vom Format her eher in gar keine gehört außer seine eigene: Ansgar Dälken hat sich vorgenommen, was bislang für die gitarristische Zunft (egal, ob Axt oder Klampfe) gar nicht in Frage kam: Zwischen Monk und Gitarre klaffen Unterschiede, ungefähr so groß wie zwischen Mozart und Gitarre. Ganz klar: Ansgar hat, wohl durchweg in DADGAD-Tuning, ein Meisterwerk abgeliefert, 14 Monk-Stücke und noch drei Monk-Medleys lang bzw. kurz, "Let's Call This/I Mean You", Work/Bemsha Swing" und "Round Midnight/Round Lights". Das ist ein Reigen, der schon beim Einstieg mit "Think Of One" Entzücken und Bewunderung auslösen muss, in den zwei (!) Fassungen von "Ruby, My Dear" tiefe Einsichten in Ansgars Arrangeurskünste bietet und der Monks Musik zu einem kleinen, feinen, großen, wunderbar konzertanten Ereignis werden lässt, in dem die verrückten Linien, Synkopen und Harmonien des Mannes mit der Kaffeemütze auf dem Kopf dank durchaus klassischer Gitarrentechniken zu Kunstwerken in their own right geworden sind und dennoch - dies wohl das Interessanteste - "Monk" geblieben sind. Das soll ihm erstmal einer nachmachen: Monk Monk sein zu lassen, und das in einem Sologitarrenalbum!

Alexander Schmitz, Jazzpodium Dez. 2010

Eine ausführliche Rezension von Alexander Schmitz hier.




Kommentare von Kollegen:


Great job! You sound beautiful on it, the arrangements, solos, details are all impressive. Enjoyed it immensely. 

Steve Cardenas (Co Autor des “Thelonious Monk Fakebook”)


Das ist Kunst im schönsten Sinne des Wortes. Toll gespielt, klingt fantastisch - ein Genuss!
Ich war gespannt, wie es mir dabei gehen würde, weil ich dachte, deine Kompositionen seien mir "zugänglicher" als Monk, aber es passierte ganz von selbst. Man freut sich - und lacht - über die Schrägheit mancher Töne, Akkorde oder Sequenzen, aber gleichzeitig wird man  von einem tollen Gefühl durchzogen, eine solch schöne Interpretation zu erleben. Schön und schräg gleichzeitig - erfrischend!
Am Ende war ich überzeugter Monk-Fan (und Fan von dir sowieso :-) und es ist kaum vorstellbar, dass diese Stücke nicht ursprünglich für Gitarre geschrieben wurden.
Du hast ein zeitloses Meisterwerk geschaffen - Hut ab!!

Ian Melrose


Of course these are some of the greatest pieces of music ever written, but it's not easy to capture Monk's vibe on solo guitar, and Ansgar manages to do it.

Teja Gerken


The arrangements are so complex and show the dedication and hard work behind it, although the technical execution on the guitar reveals only a flawless and joyful performance. Wonderful work.

Homesick Mac


Beautiful work, Ansgar. There are not so many guitarists who dare to play Monk, and much less who make it sound great. I wish you all the sucess you deserve for your new album.

Bob Bonastre


Ansgar Dälken took on a heavy load. But he succeeded masterly. This recording adds a lot of new interesting arrangements. This music expresses the possibility playing the complex finger style jazz on acoustic guitar.

Theo Scharpach